Der Weg in die Chemie
 
 

Die Entwicklung der Kohlechemie auf den Zechen der Gewerkschaft Rheinpreußen wird in der Chronik " 100 Jahre Bergbau am linken Niederrhein " wie folgt beschrieben: »Im Grunde haben die meisten Aufgaben und Probleme von Rheinpreußen ihre Wurzel im Standort, in der Ansiedlung links des Rheins. Nur von einem, worin sich Rheinpreußen von anderen Bergbauunternehmen unterscheidet, gilt dies nicht: von der Betätigung in der Chemie. Sie hat wenig oder nichts mit dem Standort zu tun, sondern sie ist eine Besonderheit, die aus anderen Erwägungen erwuchs, aus freiem Entschluss der Unternehmensleitung, die schon in den ersten Anfängen der Kohleveredlung große Aufmerksamkeit widmete. Frühzeitig wurde die Errichtung von Kokereien und Teerverarbeitungsanlagen in Angriff genommen- bereits 1879 begann Rheinpreußen mit der Kokserzeugung-; später wurde der Anteil der Verkokung an der Förderung rasch erhöht. Das alles war aber noch keine Betätigung in der Chemie im eigentlichen Sinne, man griff noch nicht über die Bereiche hinaus, in denen auch andere Zechenunternehmen wirkten. Die ersten weitergehenden Pläne reichen aber immerhin schon bis in das Jahr 1932 zurück. Es dauerte aber dann noch fast drei Jahre, bis diese Gedanken sich zu den Plan verdichteten, ein Treibstoffwerk zu errichten. Als Standort des Treibstoffwerkes hatte man zunächst die Pattbergschächte vorgesehen; aber im endgültigen Baubeschluss trat an deren Stelle der Schacht V.« Am 27. Februar 1936 wurde mit dem Bau begonnen, die Kapazität der Anlage von zunächst 30.000 Tonnen wurde noch im gleichen Jahr auf 50.000 Tonnen erweitert.


Zecheneingang Schacht V

Kokerei Schacht V


Lageplan Treibstoffwerk


Aufbau Treibstoffwerk


Aufbau Treibstoffwerk


Treibstoffwerk im Betrieb

Bei der Auswahl des Hydrierverfahrens entschied man sich bei der Verfahrenstechnik auf das Fischer- Tropsch- Verfahren. Sie beruhte auf Entdeckungen von Franz Fischer und Hans Tropsch aus der Mitte der zwanziger Jahre am Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung in Mühlheim an der Ruhr. Bei diesem Verfahren wird Kohle im ersten Schritt gemeinsam mit Wasserdampf zu Kohlenmonoxid und Wasserstoff vergast. Im zweiten Schritt wird dieses so genannten Wassergas bei mittleren Temperaturen ca. 200° C und niedrigen Drücken an einem Katalysator zu einem Gemisch von Kohlenwasserstoffen umgesetzt. Das Interesse galt natürlich hier den flüssigen Produkten für den Einsatz als synthetisches Benzin oder Dieselöl. Daneben waren aber die leichten und die schweren Produkte attraktive Rohstoffe für die Chemieproduktion.


Prinzip einer Hydrieranlage

Die Benzinfabrik führte von Beginn an die Bezeichnung " Chemische Werke " , (für uns in Meerbeck galt, oft bis heute noch, der Begriff " Treibstoffwerk ") der Name ging nahtlos über auf die anschließende Produktion von Chemieprodukten. Aus den Zeitplan des Anlagenbaus lässt sich ablesen, unter welch ungeheuren Druck das damalige Regime die Wirtschaft gesetzt hat, um ihre Bestrebungen umzusetzen. Von der Projektgenehmigung bis zur Verladung des ersten Kesselwagens mit synthetischem Benzin am 4. Oktober 1936 verging kaum mehr als ein Jahr.



Einweihung der Treibstoff


Erster Kesselwagen mit Benzin,1936


Kontaktanlage mit Gasometer

Als Nebenprodukte des Fischer- Tropsch- Verfahrens entstanden eine Vielzahl anderer chemischer Produkte, insbesondere von Schmierölen und Fetten. Es ist erstaunlich in welch kurzer Zeit so viele chemische Verfahren zu technischer Funktionsfähigkeit entwickelt und in die Praxis umgesetzt wurden.

Bomben zerstörten 1944 und 1945 die Werksanlagen und beendeten damit die erste Entwicklungsphase der Chemie in Meerbeck. Die Angriffe waren Teil einer geplanten militärischen Operationen gegen deutsche Treibstoffwerke, die am 12. Mai 1944 einsetzte und zum Ziel hatte, die Produktion synthetischer Treibstoffe lahmzulegen. Bei einem Nachtangriff der britischen Luftwaffe am 21. Juli 1944 auf das Treibstoffwerk verzeichnete die Anlage einen Ausfall von 50 Prozent. Die Erzeugung synthetischer Treibstoffe kam damit praktisch zum Erliegen.


Zerstörung des Treibstoffwerkes

Noch heute sind an einigen Mauerstellen die Spuren der Bombensplitter zu sehen.
Mit dem Vormarsch der amerikanischen und britischen Truppen auf das Reichsgebiet wurde der Beschluss gefasst, Teile der Chemischen Werke in andere, weniger gefährdete Gebiete zu verlegen. Dieser Arbeiten wurden im November 1944 begonnen, jedoch kam es zu keiner nennenswerten Produktion der ausgelagerten Anlagen. Nach der Besetzung der Chemischen Werke durch amerikanische Truppen am 5. März 1945 begannen die Rücktransporte der ausgelagerten Anlagen. Es begann der langsame Aufbau der durch die Luftangriffe schwer beschädigten Chemischen Werken und der angrenzenden Kokerei von Rheinpreußen V.
In den Nachkriegsjahren wurden von den Besatzungsmächten der Betrieb von Anlagen zur synthetischen Treibstofferzeugung generell untersagt und im Jahre 1947 erhielt die Rheinpreußen GmbH den Befehl des Alliierten Kontrollrates zur Demontage der Fischer-Tropsch Anlage. Der Kreistag von Moers setzte sich der geplanten Demontage zur Wehr. Der Demontagebefehl wurde dann auch kurze Zeit später rückgängig gemacht.
Der totale Stillstand dauerte nicht lange. Bereits 1946/1947 wurde die Produktion von Isopropylalkohol und Butylalkohol behelfsmäßig wieder aufgenommen. Die Produktion ging nun von Rohstoffen aus, die von umliegenden Erdölraffinerien zugekauft wurden.
Das Werk entwickelte sich gut und erweiterte kontinuierlich seine Produktpalette. 1959 übernimmt die damalige Deutsche Erdöl-Aktiengesellschaften (DEA) die Rheinpreußen Aktiengesellschaft für Bergbau und Chemie. Bei Gründung der Ruhrkohle 1968 verblieben die Chemischen Werke in Meerbeck laut Einbringungsvertrag bei der Mutter.
In den folgenden Jahren erlebte das Werk weitere Eigentümerwechsel, der letzte erfolgte im Jahr 2001. Die RWE-DEA verkaufte ihr Chemiegeschäft, damit auch das Werk Meerbeck, an die südafrikanische Sasol Ltd. Mit diesem Eigentümerwechsel schließt sich der Kreis für das Werk Meerbeck. Das Fischer- Tropsch- Verfahren, mit dem das Werk einst startete, wird nach dem Zweiten Weltkrieg von Sasol zur vollen technischen Reife weiterentwickelt und bildet die Grundlage für den Erfolg der südafrikanischen Sasol Gruppe.
Das Sasol Werk Meerbeck gehört zu den bedeutenden Produktionsstätten für sauerstoffhaltige Lösungsmittel in Europa. Daneben gehören zur Produktion Weichmacher, Feinchemikalien, Polymerdispersionen und Maleinsäureanhydrid. Hinter diesen Produkten verbergen sich Anwendungen wie zum Beispiel Kosmetika, Medikamente, Lacke, Klebstoffe, Druckfarben, strapazierfähige Kunststoffe, PVC-Kabelisolierungen, Innen-/Außenfarben, Kleber uvm.
Trotz zahlreicher Vorbehalte in der Bevölkerung war und ist chemische Industrie nach wie vor elementar mit unserem Wohlstand verknüpft.


Anwendungen:Decoroller



Anwendungen:Crems


Anwendungen:Sportgeräte

 

 
Betrieb Chemische Werke

Am Standort Meerbeck arbeiten rund 450 Mitarbeiter. Die anspruchsvollen Aufgaben erfordern qualifizierte Mitarbeiter unterschiedlicher Berufe. Dazu gehören Chemikanten, Laboranten, Chemotechniker und Chemiker ebenso wie Ingenieure, Techniker, Handwerker, Vertriebs- und Verwaltungsfachkräfte und Feuerwehrexperten.

Der Schutz der Mitarbeiter und Nachbarn sowie der Umwelt hat im Werk eine hohe Priorität.


Gesamtansicht Chemiewerk



Stets die Übersicht wahren
 
Eingang Sasol
 
Fahnen Sasol
 
 
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